Weg der Verdauung

Verdauung und Stoffwechsel

Augen und Geruch
Neben dem Grund „Weil wir Hunger haben“ gibt es noch weitere Auslöser, warum wir essen. Neben Energieträgern wie Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen brauchen wir Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Essen ist aber noch viel mehr: Es kann Gefühle verstärken, Langeweile unterdrücken oder als Stressregulator fungieren – denken wir nur an das Lieblingsessen unserer Mutter oder die Tafel Schokolade bei Stress oder Liebeskummer. Schon das Aussehen, der Geruch und der Geschmack von appetitlich empfundenen Speisen und Getränken regt die Speichelproduktion an und signalisiert dem Körper, sich auf die bevorstehende Nahrungsaufnahme vorzubereiten. Speichel und Verdauungsenzyme werden vermehrt freigesetzt. Der Herzschlag beschleunigt sich. In der so genannten Kopfphase werden alle Vorkehrungen getroffen, um die Verstoffwechselung des eintreffenden Nahrungsbreis zu gewährleisten.

Mund
Im Mund wird die Nahrung rein mechanisch zerkleinert. Wenig feste Nahrung wird mit der Zunge am Gaumen zerdrückt. Um sie weiter transportieren zu können, muss daraus ein schluckbarer Brei entstehen. Dies geschieht durch die Vermischung mit Speichel. Die Speichelproduktion ist ein Reflex. Speichel besteht nicht nur aus Wasser: Er enthält auch Mineralsalze, Verdauungshilfsstoffe und bakterientötende Bestandteile. Produziert wird er in drei großen und mehreren kleinen Speicheldrüsen, die täglich zwischen einem halben und einem Liter produzieren. Bereits im Mund beginnt der Wirkstoff Ptyalin, eine so genannte Alpha-Amylase, mit der Aufspaltung der Kohlenhydrate. Ganz praktisch kann man diesen ersten Schritt der Verdauung wahrnehmen, indem man einige Minuten auf einer Scheibe Weißbrot kaut. Der zunächst neutral schmeckende Brei verwandelt sich in wenigen Augenblicken in einen leicht süßlichen Geschmack. Die Fette, insbesondere die Triglyceride, werden durch die im Speichel vorhandenen Lipasen für die Verdauung im Magen vorbereitet. Für die desinfizierende Wirkung des Speichels sind Rhodanidione und Fluoride verantwortlich.

Speiseröhre
Der so vorbereitete Speisebrei gelangt durch Schlucken, einem weiteren Reflex, in die Speiseröhre. Auslöser ist das Zusammenspiel von Gaumen und Zunge. Im oberen Bereich der angrenzenden Luftröhre befindet sich der Kehlkopfdeckel. Er verhindert das Eindringen des Speisebreis in die Luftröhre und den Nasen-Rachenraum und schützt sie so. Die Speiseröhre ist ein etwa 25 cm langer und 2 cm breiter Schlauch, der sich bis auf das Doppelte ausdehnen kann. Auch in diesem Teil des Körpers wird der Speisebrei durch peristaltische Bewegungen mit weiterem Schleim vermischt, um ihn noch geschmeidiger zu machen. In wenigen Sekunden hat der Speisebrei seinen Weg vom Mund durch die Speiseröhre in den Magen gefunden. Im Magen angekommen, öffnet sich der so genannte Magenpförtner, ein ringförmiger Schließmuskel. Dieser Muskel befindet sich am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen. Um zu verhindern, dass Magensäure in die Speiseröhre gelangt und diese reizt, verschließt dieser Muskel den Magen sofort wieder. Es gibt jedoch Krankheitsbilder, bei denen dies nicht der Fall ist. Dies kann sich durch Aufstoßen oder Sodbrennen bemerkbar machen.

Der Magen
Je nach Nahrungsmenge dehnt sich der Magen aus. Durch weitere wellenförmige Bewegungen wird der Speisebrei im Magen mit Magensäure vermischt, die von Drüsen in der Magenschleimhaut (Mukosa) produziert wird. Der Magensaft enthält neben Salzsäure vor allem Schleim, das eiweißspaltende Enzym Pepsin und Mucoproteine, die für die Aufnahme von Vitamin B12 im Krummdarm notwendig sind. Die Sekundärzellen produzieren Muzine. Dies sind strukturgebende und schützende Bestandteile des Schleims von Organismen, die aus Biopolymeren, einer heterogenen Gruppe von Polysacchariden, bestehen. Die wichtigste Aufgabe der Muzine ist der Schutz der Schleimhaut, hier des Magens, vor chemischen, physikalischen oder mechanischen Reizen. Theoretisch könnte sich der Magen sogar selbst verdauen. Da er aber innen mit einer Schleimschicht aus Mucinen ausgekleidet ist, schützt ihn diese vor Verätzungen. Im Speichel sorgen Muzine für die Viskosität des Speichels und die Gleitfähigkeit des Speisebreis. Mucine sind auch an der Spaltung von Fetten beteiligt. Belegzellen produzieren Salzsäure, die den gesamten Magensaft im pH-Bereich von 2 bis 4 hält. Kommt es zu vermehrtem Erbrechen oder zu einer Fehlfunktion des Muskels am Ende der Speiseröhre, kann der Magensaft das Gewebe in der Speiseröhre nachhaltig schädigen. Je fettreicher die Nahrung, desto länger ist die Verweildauer im Magen. Sie kann bis zu 8 Stunden betragen. Das Hormon Gastrin steuert die Produktion von bis zu 3 Litern Magensaft pro Tag. Ist die Nahrung ausreichend zersetzt, zieht sich der Magen zusammen und schiebt den Speisebrei in Richtung Magenende. Der dortige Schließmuskel lässt nur so viel Speisebrei in den Dünndarm, wie dieser verarbeiten kann.

Dünndarm
Der Dünndarm ist ein weiterer Teil des Verdauungstraktes und dient in erster Linie der Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung. Zu diesem Zweck ist er mit zahlreichen Zotten (Ausstülpungen) und Krypten (Vertiefungen) ausgekleidet, wodurch seine Oberfläche stark vergrößert ist und ein Vielfaches der Körperoberfläche erreicht. Er besteht aus Zwölffingerdarm, Leerdarm und Krummdarm und kann bis zu 6 Meter lang sein. Der Dünndarm ist der wichtigste Ort für die Verdauung und Resorption von Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten, Vitaminen und Wasser. Eine Entzündung des Dünndarms wird Enteritis genannt. Eine Enteritis kann durch eine Infektion mit verschiedenen Bakterien oder Viren verursacht werden. Nahrungsmittelunverträglichkeiten führen zu Reaktionen im Dünndarm. Zöliakie wird durch eine Unverträglichkeit von Gluten ausgelöst.

Zwölffingerdarm
Er ist der erste Teil des Dünndarms und hat die Form eines C. Er beginnt am Magenausgang und mündet nach etwa 25 cm in den Leerdarm, den zweiten Teil des Dünndarms. Die Verdauungssäfte aus Galle, Bauchspeicheldrüse und Leber münden in den Zwölffingerdarm, der innen eine fast glatte Oberfläche hat. Hier findet eine weitere wichtige Verdauungsarbeit statt, indem Hormone und Botenstoffe freigesetzt werden. Der Zwölffingerdarm ist beim Menschen ca. 30 cm lang, was etwa zwölf Fingerbreiten entspricht (daher der Name). Enzyme, zu denen neben Verdauungsenzymen auch Bicarbonat gehört, erhöhen den pH-Wert des Nahrungsbreis. Cholecystokinin fördert die Ausschüttung von Bauchspeicheldrüsenenzymen und Gallensäuren zur Fettverdauung. Ein Schließmuskel unterbricht die Verbindung zwischen Zwölffingerdarm und Galle, wenn kein Gallensaft benötigt wird. Die Gallenblase ist empfindlich. Die Gallenflüssigkeit wird für die Verdauung von Fetten und fettlöslichen Vitaminen benötigt. Sie emulgiert Fette und fördert die Fettverdauung. Gallensteine und eine Eindickung der Gallenflüssigkeit sind Anzeichen für eine Störung der Galle. Die Bauchspeicheldrüse ist für den Blutzuckerspiegel verantwortlich. Dazu schüttet sie das Hormon Insulin aus, das den Blutzucker senkt. Soll das Gegenteil erreicht werden, wird Glukagon eingesetzt.

Leerdarm
Der Leerdarm ist der mittlere Teil des Dünndarms zwischen dem Zwölffingerdarm und dem Krummdarm. Er macht etwa zwei Drittel der Gesamtlänge des Dünndarms aus. Hier werden Nährstoffe und Wasser aus dem Nahrungsbrei aufgenommen. Der Rest wird in den Krummdarm weitertransportiert. Der Name rührt daher, dass dieser Darmabschnitt bei Verstorbenen immer leer erscheint. Er ist etwa 2 bis 2,5 Meter lang. Leer- und Krummdarm sind nicht scharf voneinander abgegrenzt. Die Funktion und Anordnung der beiden Darmabschnitte ist ähnlich, aber nicht deckungsgleich. Leer- und Krummdarm sind voneinander abhängig. Der Aufbau der Darmwand verändert sich in kleinen Schritten. Zunächst werden fettlösliche Vitamine, Eiweiß und wasserlösliche Vitamine aufgenommen. Diese Nahrungsbestandteile gelangen dann ins Blut und erreichen so alle Bereiche des Körpers. Die Funktion und Bewegung des Leerdarms wird durch das enterische Nervensystem gesteuert.

Krummdarm
Der letzte Abschnitt des Dünndarms wird als Krummdarm bezeichnet. Die sogenannte Ileozäkalklappe trennt ihn vom Dickdarm. Sie wölbt sich im rechten Unterbauch als Einstülpung des letzten Teils des Krummdarms in den Dickdarm vor und ist normalerweise nur in Richtung Dickdarm durchlässig, indem sie bei Dehnung des Darms ventilartig verhindert, dass Darminhalt – und mit ihm Bakterien – in den deutlich keimärmeren Endabschnitt des Dickdarms gelangt. Wie die zuvor genannten Darmabschnitte hat auch der Krummdarm die Aufgabe, Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei aufzunehmen. Mit Hilfe des Intrinsic Factors, einem Glykoprotein, das in der Magenschleimhaut gebildet wird, wird in diesem Darmabschnitt Vitamin B12 aufgenommen. Vitamin B12 übernimmt im menschlichen Körper die Rolle eines Coenzyms und ist an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt, unter anderem an der Blutbildung, der Zellreifung und den Funktionen des Nervensystems. Eine gestörte Aufnahme von Vitamin B12 kann zu einer malignen Blutarmut führen. Außerdem nimmt der Dünndarm insgesamt 80 Prozent des Wassers aus dem Speisebrei auf. Mit Hilfe von Lymphfollikeln finden im Krummdarm Abwehrreaktionen gegen Bakterien statt, die mit der Nahrung aufgenommen wurden. Gefährliche Bakterien sind hier Shigellen, Salmonellen oder Clostridien.

Dickdarm
Die Ausstülpung des Dickdarms unterhalb der Ileozäkalklappe wird als Appendix bezeichnet und trägt am unteren Pol den Wurmfortsatz. Der Dickdarm erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben. Er ist sehr komplex aufgebaut und beherbergt das Mikrobiom, den zentralen Bestandteil unseres Immunsystems. Außerdem ist er an der Synthese der Vitamine Biotin, Folsäure, Vitamin K und Niacin beteiligt. Sie baut Zellulose und unverdauliche Bestandteile aus pflanzlicher Nahrung ab. Dabei entstehen Gase. Die verschiedenen Wandschichten des Dickdarms sind für die Peristaltik verantwortlich. Zu ihren Aufgaben gehört die weitere Aufnahme von Nahrungsbestandteilen und der Entzug von Wasser und darin gelösten Mineralstoffen aus dem Nahrungsbrei. Die Immunabwehr, die Beseitigung weiterer Krankheitserreger sowie die Eindickung der Nahrung spielen hier eine wichtige Rolle. Um die Gleitfähigkeit zu gewährleisten, wird dem Kot Schleim beigemischt. Er besteht aus unverdaulichen Nahrungsresten, Schleim, Wasser und Bakterien. Die braune Farbe stammt übrigens vom Sterkobilin, einem Abbauprodukt der Gallenfarbstoffe.

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